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Texte überarbeiten mit System

Wenn Du mit Deinem Fachtext beim Publikum punkten willst, führt nichts an einer sorgfältigen Überarbeitung Deines Textes vorbei. Um Dir die Arbeit ein wenig zu erleichtern, stelle ich Dir in diesem Blogbeitrag mein bewährtes System vor, mit dem auch Du Deine Fachtexte strukturiert und effizient überarbeitest.

Du recherchierst tagelang, liest Artikel und Bücher, klickst Dich durch Webseiten und sprichst mit anderen Expert:innen: Sorgfältig trägst Du die Inhalte für Deinen Fachartikel zusammen.

Dann tüftelst Du an einem klugen Aufbau: Du versetzt Dich in Deine Leser:innen hinein und wägst ab, in welcher Reihenfolge Du das Thema am besten präsentierst.

Beim Schreiben bemühst Du Dich um Klarheit, suchst nach passenden Bildern und veranschaulichst komplexe Zusammenhänge mit Beispielen.

Und dann lässt Du den Text einfach so, wie er ist. Du feilst nicht, Du streichst nicht, Du ergänzt nicht.

Das wäre fatal.

Denn die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass Deine Leser:innen bereits im ersten Absatz auf Komma- und Tippfehler stossen. Oder auf Wortdoppelungen, unnötige Passivformulierungen, Nominalstil oder schiefe Bilder.

Sei auf der Zielgeraden nicht achtlos! Deine Leser:innen stufen Deinen Text viel eher als lesenswert ein, wenn Du ihn sorgfältig redigierst.

Texte überarbeiten braucht Haltung

Du musst Deinem eigenen Text kritisch gegenübertreten, ihn auf Herz und Nieren prüfen, auch wenn das zuweilen eine unbequeme Arbeit ist.

Frag Dich, ob man wirklich versteht, was Du schreibst und wie Du es schreibst.

Deine Leser:innen werden Deinem Text anmerken, ob Du das Redigieren ernst genommen hast.

Betrachte es so: Das Überarbeiten ist auch ein Service für Deine Leser:innen – Du erleichterst ihnen das Lesen durch einen sauberen Text.

3 Tipps vorab

Bevor ich auf die Überarbeitungsstrategie und die verschiedenen Textebenen eingehe, noch 3 hilfreiche Tipps vorab:

  • Überarbeitung planen: Am Anfang Deines Schreibprozesses solltest Du genug Zeit für die Überarbeitung einplanen. Es gibt Ratgeber, die empfehlen bis zu 50% der gesamten Zeit, die Du für ein Schreibprojekt einplanst, für die Überarbeitung einzusetzen.
  • Abstand gewinnen: Durch die intensive Arbeit am Text bist Du «textblind» geworden: Du siehst die eigenen Fehler nicht mehr. Leg deshalb den Text ein paar Tage zur Seite; gewinne Abstand. Fehlt Dir dafür die nötige Zeit, änderst Du die Schrift des Textes. Das hilft bereits, um ihn mit einem frischeren Blick zu lesen und zu überarbeiten.
  • Feedback einholen: Lege fest, zu welchen Aspekten Du eine Rückmeldung möchtest und frage eine Kolleg:in gezielt danach, was ihr gefällt und was Du verbessern könntest. Die Rückmeldung hilft Dir, den Text zielgerichtet zu überarbeiten.

Überarbeite Texte mit System!

Dein Text ist ein komplexes Wortgeflecht. Beim Überarbeiten dröselst Du es auseinander und fügst es wieder neu zusammen. Um dabei den Überblick zu behalten, brauchst Du ein System:

Verschaff Dir zuerst einen Gesamteindruck. Danach arbeitest Du Dich Textebene für Textebene nach oben, bis es am Schluss nur noch darum geht, die Oberfläche des Textes zu polieren.

Wenn Du Dich zuerst um alle sprachlichen Korrekturen kümmerst, vergeudest Du womöglich wertvolle Zeit und Energie. Es kann nämlich sein, dass gerade die Teile, die Du mühsam verbessert hast, inhaltlich wenig hergeben und am Schluss wegfallen.

Schaue deshalb aufs grosse Ganze: Lege den Fokus zuerst auf den Inhalt und das Thema. Hier geht es nochmals um die Grundfesten Deines Textes. Kümmere Dich danach um die Struktur und die Leserführung.

Inhalt und Thema

Die Inhalte sollten sich zu einem sinnvollen Ganzen zusammenfügen. Dein Text muss inhaltlich genug hergeben, damit sich die Überarbeitung auf dieser Ebene lohnt. Ist dies nicht der Fall, braucht es nochmals «vortextliche» Arbeit: Recherche, Lektüre, Gespräche, Schreiben an der Rohfassung.

  • Hat Dein Text ein klar erkennbares Thema? Wird es bestimmt oder nur umrissen?
  • Hast Du die relevanten thematischen Schwerpunkte gesetzt?
  • Gelingt es Dir, beim Thema zu bleiben oder schweifst Du ab?
  • Sind die Kernaussagen präzise und klar erkennbar?
  • Gibt es Sprünge, Verkürzungen, Längen, Wiederholungen oder Widersprüche im Text?
  • Hat Dein Text einen klaren Aussagewert?
  • Hast Du das Vorwissen Deiner Leser:innen richtig eingeschätzt und das Thema angemessen bearbeitet: nicht zu oberflächlich, nicht zu detailliert?

Struktur und Textkomposition

Alle Textteile sollten zur Entwicklung des Themas beitragen. Dass sie dies auf inhaltlicher Ebene tun, hast Du anhand der Fragen im vorherigen Kapitel geprüft. Nun geht es darum, dass die Inhalte schlüssig aufeinander aufbauen und die Bezüge nachvollziehbar sind.

Versetze Deine Neuronen nochmals in Schwingung, jetzt sind Deine kompositorischen Fähigkeiten gefragt!

  • Ist die Gliederung des Textes nachvollziehbar?
  • Ist die Ordnung Deiner Gedanken schlüssig und bauen die Inhalte logisch aufeinander auf?
  • Sind die Absätze und Sätze aussagekräftig und bilden sie Sinneinheiten?
  • Ist jeder Absatz die folgerichtige Konsequenz aus dem letzten?
  • Ist jeder Satz die folgerichtige Konsequenz aus dem letzten?

Natürlich sind auch Überschriften für den roten Faden wichtig. Im Gegensatz zur thematischen Entwicklung, die im Fliesstext selbst herzustellen ist, sind Überschriften Strukturelemente, über die Du den Aufbau Deines Textes nochmals prüfen kannst.

Um den roten Faden sichtbar zu machen, musst Du nochmals tief in den Text eintauchen. Bei der Überprüfung der Struktur geht es nun um die Vollständigkeit und eine klare Gliederung:

  • Hast Du aussagekräftige Überschriften formuliert?
  • Hat der Text eine Einleitung, einen Hauptteil und einen Schluss?
  • Nutzt Du Überschriften als Orientierungshilfen: Hast Du jedes Kapitel mit einer inhaltlich treffenden Zwischenüberschrift versehen? (Im Gegensatz zu formalen Überschriften wie Einleitung, Hauptteil oder Schluss helfen inhaltliche Überschriften den Leser:innen, sich schnell zu orientieren.)
  • Prüfe auch Strukturelemente, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind: Haben die Kapitel einen einleitenden Abschnitt, einen erkennbaren Hauptteil, eine Zusammenfassung und eine Überleitung zum nächsten Kapitel?

Viele dieser Punkte strukturieren den Text nicht nur, sie dienen auch der Leserführung. Aber da gibt es noch mehr zu beachten, wie im folgenden Kapitel zu lesen ist.

Leserführung

Bevor Du Dich an die Korrekturen auf sprachlicher Ebene machst, kümmerst Du Dich um die Leserführung. Gib den Leser:innen genügend explizite sprachliche Signale, damit sie wissen, wie sich die einzelnen Aussagen aufeinander beziehen.

Solche sprachlichen Wegweiser helfen Deinen Leser:innen, sich im Text zu orientieren. Lies Deinen Text aus der Sicht des Publikums und führe Deine Leser:innen sorgfältig durch Deinen Text.

  • Moderieren: Kündigst Du Inhalte an? Schaffst Du Verknüpfungen? Ziehst Du Bilanz?
  • Referieren: Führst Du Deinen Gegenstand schlüssig ein? Hast Du daran gedacht, Sachverhalte einzuordnen, zu interpretieren und zu diskutieren?
  • Überleiten: Sind die Übergänge zwischen den Absätzen und Kapiteln nachvollziehbar?
  • Signalisieren: Funktionieren die Vor- und Rückverweise? Sind die inhaltlichen und sprachlichen Bezüge klar und eindeutig?
  • Kommentieren: Erklärst Du, was wann, wie und weshalb gemacht wird? Setzt Du diese textkommentierenden Signale angemessen ein?
  • Zusammenfassen: Absätze, die das Wichtigste in Kürze nochmals festhalten, sind hilfreich. Streiche Redundanzen, die nicht beabsichtigt sind.

Zusammenfassung

Die Überarbeitung ist eine wichtige Phase im Schreibprozess. Unterschätze sie nicht und plane genug Zeit dafür ein.

Weil Rohfassungen oft knifflige Wortgeflechte sind, brauchst Du ein System, um Ordnung reinzubringen. Arbeite Dich vom Grossen zum Kleinen vor:

  • Beginne mit der Inhaltsebene.
  • Kümmere Dich dann um den roten Faden.
  • Dann um die Überschriften und Zwischentitel.
  • Und schliesslich um die Leserführung.

Erst wenn Du die übergeordneten Textebenen überarbeitet hast, ist die Zeit reif, Sprache und Stil in den Blick zu nehmen. Dazu mehr im Blogbeitrag Überarbeiten mit System, Teil 2.

Literatur

Andrea Klein (2017): Wissenschaftliche Arbeiten schreiben. Praktischer Leitfaden mit über 100 Software-Tipps.

Daniela Rorig (2020): Texten können. Das neue Handbuch für Marketer, Texter und Redakteure.

Marianne Ulmi et al. (2017): Textdiagnose und Schreibberatung.